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Stadt Remscheid

Koalitionsvertrag verspricht Hilfe für benachteiligte Kommunen

Auf den kürzesten Karnevalszug der Welt folgen zwei längeren Passagen im Vertrag der Ampel-Koalition: Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ sieht darin ein wichtiges Signal auf dem Weg zu einer gerechten Finanzverteilung und gleichwertigen Lebensverhältnissen. Ein bedeutender Aspekt fehlt allerdings. 

Der schwer beladene Esel zeigt Wirkung. 70 benachteiligte Kommunen hatten am 11. Oktober mit einem satirischen Wagen Berlin besucht. Der Wagen zeigte ein Tier, das unter finanziellen Lasten zusammenzubrechen droht. Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP werden die damals thematisierten Probleme nun in zwei Abschnitten (S. 163f. und S. 127 ff.) ausführlich behandelt. „Wir fühlen uns verstanden und hoffen darauf, dass die Versprechen gehalten werden“, sagt Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz, einer der vier Bündnissprecher. Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich benachteiligte Kommunen zusammengeschlossen, in denen rund neun Millionen Bürgerinnen und Bürger leben. 

Die wichtigen Themen im Überblick

Im Abschnitt „Bund-Länder-Kommunalfinanzen“ (S. 163f.) spricht die Ampel-Koalition eine Lösung der Altschuldenfrage, Investitionen in Zukunftsthemen und kommunale Förderprogramme an – drei zentrale Themen von „Für die Würde unserer Städte“: 

Altschuldenlösung: Die benachteiligten Kommunen haben in den vergangenen Jahren große Kraftanstrengungen unternommen. Seit dem Höchststand der Liquiditätskredite im Jahr 2015 (50,4 Milliarden Euro) ist deren Stand bis zum 31. Dezember 2020 um mehr als 15 Milliarden Euro gesunken. Die Ampel-Koalition sagt in ihrem Vertrag nun zu, dass der Bund seinen Teil zur Altschuldenlösung beiträgt. Sie spricht von einer „einmaligen Kraftanstrengung von Bund und Ländern“ und kündigt an, die Gespräche dazu 2022 führen zu wollen.

Das Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ setzt große Hoffnung in dieses Versprechen: „Damit könnte das Hin-und-Her-Schieben von Verantwortung, das wir in den vergangenen Jahren so oft und so bitter erfahren mussten, endlich ein Ende finden.“ Die benachteiligten Kommunen werden ihre Forderungen deshalb insbesondere bei den Regierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wiederholen. In diesen Ländern gibt es bisher keine Altschuldenregelung, anders als beispielsweise in Brandenburg, Hessen oder dem Saarland. 

Kommunale Investitionen: Eine Lösung der Altschuldenfrage würde den benachteiligten Kommunen ermöglichen, dringend erforderliche Investitionen vor Ort zu tätigen. Die betroffenen Städte und Kreise haben positiv wahrgenommen, dass die Ampel-Koalition sie bei Investitionen in Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung auch darüber hinaus unterstützen möchte. Hemmnisse sollen abgebaut und die Bedingungen für benachteiligte Kommunen angepasst werden. „Das könnte im Zusammenhang mit einer neuen Förderpolitik eine wichtige Wirkung in den Kommunen entfalten“, sagt Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz. 

Förderprogramme: Die bisherige Förderpolitik des Bundes passt nicht zu benachteiligten Kommunen. Sie haben nicht das Personal, um die aufwändigen Antragsverfahren zu bewältigen, und ihnen fehlen oft auch die Eigenmittel, die dabei vorausgesetzt werden. Am Ende profitierten von den Förderprogrammen meist die wohlhabenden Städte. Die Koalition hat nun erklärt, dass sie die kommunalen Förderprogramme entbürokratisieren und dort, wo möglich, sinnvoll bündeln möchte. Der Eigenanteil von benachteiligten Kommunen soll reduziert oder ersetzt, die Förderung am Merkmal „Strukturschwäche“ ausgerichtet werden. An anderen Stellen des Vertrags konkretisiert die Koalition dies mit Blick auf den Städtebau (S. 92), den Sport (S. 113f.) und die Kulturförderung (S. 122). Aus Sicht des Aktionsbündnisses „Für die Würde der Städte“ geht dies in die richtige Richtung. Allerdings müssen dabei unbedingt auch die Folgekosten einer Förderung berücksichtigt werden.

Die Verkehrswende ist ein wesentlicher Baustein des kommunalen Klimaschutzes. Viele benachteiligte Kommunen leisten schon heute einen überdurchschnittlichen Beitrag, weil sie einen höheren Anteil von ÖPNV-Nutzern haben – dadurch aber auch überdurchschnittlich hohe Kosten. Die Städte und Kreise dürfen durch dieses Thema und zusätzliche Lasten nicht weiter abgehängt werden, sie sollen und wollen ein wichtiger Teil des Wandels sein. Deshalb brauchen sie Unterstützung in der ÖPNV-Förderung. Die künftige Bundesregierung will einen Ausbau- und Modernisierungspakt, bei dem sich Bund, Länder und Kommunen unter anderem über die Finanzierung bis 2030 einschließlich der Eigenanteile der Länder und Kommunen und die Aufteilung der Bundesmittel verständigen (S. 50). Die benachteiligten Kommunen nehmen diese Willenserklärung der Ampel-Koalition mit vorsichtigem Optimismus wahr.  

Beim Thema Sozialkosten fehlt ein wichtiger Aspekt

In einem Punkt hatten sich die benachteiligten Kommunen mehr erhofft. Wesentliche Ursache für die Lasten der Kommunen ist die ungerechte Finanzverteilung in der Sozialpolitik. Der Bund kann die Aufgaben in diesem Bereich beliebig an die Kommunen delegieren und dabei festlegen, wie er die Kosten der Kommunen ausgleicht. In der Vergangenheit haben die benachteiligten Kommunen bei weitem nicht das Geld bekommen, das sie selbst ausgeben mussten. Sie waren gezwungen, Kredite aufnehmen, um Aufgaben zu erfüllen, die ihnen der Bund übertragen hatte.

„Wer bestellt, bezahlt“ lautete deshalb eine Forderung des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“. Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, dass die Bundesregierung bei neuen Aufgaben im Sozialbereich stärker auf die „Ausgewogenheit der Finanzierung“ achten möchte. Außerdem sagt sie zu, sich weiter an den Kosten für Flüchtlingsunterbringung, -versorgung und -integration sowie den Kosten der Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern zu beteiligen.

„Für die Würde unserer Städte“ weist in diesem Zusammenhang noch einmal deutlich auf die bereits vorhandenen Aufgaben hin. In einigen Bereichen, etwa in der Jugendhilfe, steigen die Kosten vor Ort massiv an. Die benachteiligten Kommunen fordern daher einen höheren Anteil des Bundes, zum Beispiel bei den Kosten der Unterkunft oder den Hilfen zur Erziehung. 

Weitere Informationen

Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 70 Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen. In den Städten und Kreisen leben rund neun Millionen Menschen – und damit mehr als zehn Prozent aller Deutschen. Die Kommunen waren besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich. Infolgedessen sind die Kommunen besonders benachteiligt durch die beschriebene Finanzverteilung und waren in besonderem Maße gezwungen, Schulden zu machen, um die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen zu können. 

Mitglieder im Bündnis sind: Bochum, Bottrop, Brandenburg an der Havel, Cottbus, Cuxhaven, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Frankenthal, Frankfurt an der Oder, Geestland, Gelsenkirchen, Gera, Gladbeck, Hagen, Hamm, Hattingen, Herne, Kaiserslautern, Koblenz, Krefeld, Lahnstein, Landkreis Vorpommern-Greifswald, Leverkusen, Löhne, Ludwigshafen, Lünen, Mainz, Mayen, Moers, Mönchengladbach, Mörfelden-Walldorf, Mülheim an der Ruhr, Neustadt an der Weinstraße, Neuwied, Oberbergischer Kreis, Oberhausen, Offenbach, Pasewalk, Pirmasens, Recklinghausen, Kreis Recklinghausen, Remscheid, Saarbrücken, Salzgitter, Schwerin, Schwerte, Solingen, Sprockhövel, Strasburg, Strausberg, Sundern, Torgelow, Trier, Ueckermünde, Kreis Unna, Voerde, Völklingen, Waldbröl, Werne, Wesel, Kreis Wesel, Wismar, Witten, Worms,  Wuppertal und Zweibrücken.

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Bildnachweise

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